In knapp einem Jahr finden die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Ab September – zum Ende der Sommerpause – werden sich allmählich die Artikel über die Aussichten verschiedener Parteien und Personen häufen; wird EUropa wieder zum Thema in Talkshows und Debattenrunden; wird in der medialen Öffentlichkeit allseits versucht, Interesse für die Europawahl zu wecken und die Bedeutung des Europaparlaments hoch zu stilisieren.
Ein Slogan der letzten beiden Wahlen wird auch bei dieser wieder laut von allen Seiten ertönen: Wählt uns, damit die Rechten nicht gewinnen. Und tatsächlich, mittlerweile haben die Rechten die stabile Aussicht darauf, eine relativ große Fraktion bilden zu können (derzeit stellen sie noch die kleinste der acht Fraktionen). Doch was wird abseits dieses leeren Abwehrslogans der Großparteien bei der anstehenden Europawahl noch nach vorne gekehrt werden? Natürlich die Bedeutung und Wichtigkeit EUropas und wie unerlässlich es sei, sich an den Europawahlen zu beteiligen. Damit die pro-europäischen, die progressiven und die gemäßigten Kräfte die Oberhand behalten. Damit die Aussicht auf vernünftige, ruhige Politik erhalten bleibt. Schließlich ist das Europaparlament doch Co-Gesetzgeber. Schließlich kommt ein Großteil der nationalen Gesetze ursprünglich aus Brüssel. Alles also ganz wichtig.
Es werden Geschichten über Macron gesponnen werden; die Frage nach dem Zusammenhalt der Christdemokratie in Zeiten der Orbáns und der polnischen PiS-Partei gestellt. Es wird dem drohenden europaweiten Absturz der Sozialdemokratie entgegengezittert. Es wird über die Konsequenzen des Brexits gesprochen werden. Wer wird wohl Parlamentspräsident? Wird Macron eine neue Fraktion gründen? Wie groß werden die EUropaskeptiker*innen? Was macht die Fünf Sterne Bewegung?
Es werden viele interessante Fragen aufgeworfen und diskutiert werden. Es wird gelingen, kurzzeitig größeres Interesse für die anstehenden Europawahlen herzustellen als noch 2014. Die Wahlbeteiligungen werden zur Abwechslung vielleicht mal nicht fallen. Dem Europaparlament wird versucht, ein bisschen von jenem Glanz zurückzugeben, den es im Zuge der letzten nationalen Wahlen und dem dutzendfachen Abzug namhafter Europaabgeordneter verloren hat.
Alles in allem wird es gelingen: Wir werden ein neues Parlament wählen, wir werden erwartungsgemäß viele rechtspopulistische und rassistische Abgeordnete, die ein oder andere neue Fraktion und zahlreiche neue Gesichter und Geschichten erhalten. Nebenbei springt auch noch ein neuer Kommissionspräsident oder womöglich eine neue Kommissionspräsidentin heraus. Alles in Ordnung, könnte man meinen.
Und dann kam Dublin
Wenn da nicht die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und die Dublin-Verordnung wären. Erstere hält mit dem Film Democracy der oben skizzierten, spontanen Stimmungsmache für die Europawahlen den Spiegel vor. Er zeigt, wie es gehen könnte: Ein schweizer Filmemacher ging das Risiko ein, anhand der jahrelangen Arbeit eines jungen Grünen-Abgeordneten an einem komplizierten und sperrigen Dossier das Europäische Parlament, ja die EU-Politik als solche zu erklären.
Auf Vergleichbares, auch für andere Bereiche, wartet man seither vergeblich. Doch der Film war ein Erfolg. Selten bis nie zuvor wurde EUropapolitik so anschaulich und nachvollziehbar vermittelt. Mehr davon braucht der EUropäische Horizont.
Ein anderes Dossier ist ähnlich zentral und umfangreich. Sein Inhalt bestimmt seit Jahren die europäischen Schlagzeilen, gibt Anlass zu katastrophalen Meldungen, und fordert das humanistische Selbstverstädnis der Europäischen Union, einer Friedensnobelpreisträgerin, immer wieder aufs Neue heraus. Seit dem jüngsten Gepolter aus dem Heimatministerium und der bayerischen Staatskanzlei bestimmt die Thematik erneut die Berichterstattung: Das europäische Dublin-System, seit geraumer Zeit mehr oder weniger ausgesetzt, doch wieder aktuell wie nie. Ohne Grund und Not – abgesehen von der Landtagswahl in Bayern – beschwören die Herren der CSU eine Staatskrise, indem sie mit Merkel guter Bulle – böser Bulle spielen. Wer letztere sind, daran lassen die Bayern keinen Zweifel. Und auch Merkel gefällt sich in ihrer Rolle der Ersteren, gelingt beiden doch, was sie letztlich beabsichtigen: Während Seehofer und Söder gerne Asylrechtsverschärfungen als Hardliner erreichen wollen, will Merkel dasselbe, nur eben als inszenierte und vermeintliche Proeuropäerin. Bereits einmal, mit dem EU-Türkei-Deal, gelang ihr dieser Taschenspielertrick. Merkel lässt sich dabei von München zur Verschärfung bis an den Rand der Abschaffung einer europäischen Asylpolitik drängen, die diese Bezeichnung eigentlich kaum verdient.
Ein Diskurs im freien Fall
Die Abschlusserklärungen der letzten EU-Gipfel, die sich mit dem Thema beschäftigten, lassen keinen Zweifel daran, in welche Richtung die Reise gehen soll:
Mehr Frontex.
Mehr Abschottung.
Mehr Externalisierung der EU-Außengrenzen.
Mehr Abkommen wie den schändlichen EU-Türkei-Deal.
Mehr Auffanglager und Hotspots außerhalb der Europäischen Union.
Was man in den Dokumenten hingegen vergeblich sucht:
Aussagen zur Relocation, zur substantiellen Entlastung der griechischen Inseln, zur Aufstockung des Personals in den griechischen und italienischen Asylbehörden, Pläne zur Einrichtung sicherer Fluchtwege oder nicht-militärische-Investitionsmaßnahmen in Drittstaaten.
Unterm Strich lesen sich solche Vorhaben eher wie eine Kriegserklärung an die internationalen Migrationsbewegungen denn wie ein Maßnahmenkatalog, um menschliche Tragödien möglichst zu verhindern. Wer solche Reaktionen nötig hat, muss sehr viel Angst haben. Das sind Belege politscher Schwäche, verpackt in eine Rhetorik der Härte.
Doch die Rhetorik wirkt, das Angstpotential, das seit 2001 mit praktisch den immerselben Mechanismen geweckt, stimuliert und unterhalten wird, hat seinen Zweck nicht verfehlt. Die angekündigten Maßnahmen sind mittlerweile mehrheitsfähig. In Parlamenten. In der wahrgenommenen öffentlichen Meinung. In den Talkshows. In der Berichterstattung. Nach den Wahlen in Österreich und Italien – bei gleichzeitiger Untätigkeit der sozialdemokratischen Regierungen – womöglich bald auch im Rat der Mitgliedstaaten.
Es scheint, als hätten wir uns so sehr in eine Sackgasse manövriert, dass an harten Maßnahmen und Verschärfungen kein Weg mehr vorbeiführt. Schließlich ist da doch jetzt ein Horst Seehofer, ein Herbert Kickl, ein Theo Francken, ein Matteo Salvini. In den EU-Innenministerien geben frustrierte, ängstliche und wütende Männer den Ton an.
These: Die Innenministerien der Europäischen Union verhalten sich zur humanitären Krise wie die Regierungen der Arabischen Staaten zum Palästinakonflikt: Beide Seiten klagen laut und ständig über das vorherrschende Unrecht, doch insgeheim haben sie kein aufrichtiges Interesse daran, die Situation wirklich zu lösen, profitiert ihre eigene Agenda doch zu sehr vom Status Quo.
In Deutschland und Österreich wird geflissentlich der Eindruck aufrechterhalten, als gehe es hier darum, dass sich ein „Herbst 2015“ nicht wiederholen dürfe. Dieser unterstellte Kontrollverlust dürfe auf keinen nochmal passieren.
Anders gesagt: Es geht um Take Back Control (UKIP) und um EUfirst (Trump). Es muss zunehmend ausweglos erscheinen. Ohne besseren Wissens kann man sich des Eindrucks wohl nicht erwehren, ein paar grundlegende Werte und Überzeugungen opfern zu müssen, um das große ganze, um EUropa zu retten. Auffanglager in Drittstaaten und die Aufnahme von Asylsuchenden nach Nützlichkeit, nicht nach Notwendigkeit oder individueller Dringlichkeit. Anders gehe es wohl nicht, schließlich liegen alternative Vorschläge ja nicht auf dem Tisch. Und schließlich können wir ja nicht alle aufnehmen. Es scheint so, als hätten wir nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Ist das so?
Warum ein Parlament wählen, wenn der Rat anschließend alles kaputt macht…
… und vor allem, wenn partout nicht darüber berichtet wird? Im Mai 2016 legte die EU-Kommission einen ziemlich radikalen Vorschlag zur Dublin-Reform vor, der zahlreiche Asylrechtsverschärfungen beinhaltete. So beispielsweise die sogenannten Zulässigkeitsprüfungen, nach denen festgestellt wurde, ob eine Person vor dem Asylantrag bereits einen ’sicheren Drittstaat‘ passierte, in einem solchen Fall wären die Personen dorthin zurückgeschickt worden. Ähnliches haben auch Seehofer, Salvini & Co. im Sinn. Der Kommissions-Vorschlag sah zahlreiche Maßnahmen vor, die das Grundrecht auf Asyl in der Europäischen Union gefährdet hätten. Dieser Vorschlag kam im Mai 2016 ins Europaparlament, wo die Fraktionen die Möglichkeiten zur Abänderung bekamen.
Die zugeständigen Abgeordneten schrieben den Kommissions-Vorschlag komplett um, praktisch kein Komma blieb an seiner Stelle und im Grunde haben sie in der Zeit eine völlig neue Dublin-Verordnung geschrieben, die mit den drei gescheiterten Vorgänger-Systemen nicht mehr viel gemein hatte.
Im November 2017 gelang den daran beteiligten sechs Fraktionen (EU-Gegner*innen (EKR) & Faschist*innen (ENF) ausgenommen) nach 22 Verhandlungsrunden die Fertigstellung eines Vorschlags für ein grundlegend neues Dublin-System. In den sechs Fraktionen, die diesen Parlamentsvorschlag tragen, organisieren sich 180 nationale Parteien, zusammen repräsentieren sie eine zweidrittel Mehrheit des Europaparlaments. Alle sechs zuständigen Unterhändlerinnen sind Frauen. Drei von ihnen stammen aus Italien, eine gehört der italienischen Regierungspartei der MoVimento Cinque Stelle an.
Während der Verhandlungen wurde dermaßen viel Druck aus München und Berlin ausgeübt, dass die Verhandlungen zwischenzeitlich zu scheitern drohten. Doch konnte sich Manfred Weber (CSU), der Fraktionsvorsitzende der größten EP-Fraktion – der Europäischen Volkspartei (EVP) – nicht durchsetzen und die zuständige EVP-Unterhändlerin Alessandra Mussolini blieb ihrer kooperativen Arbeit treu. Dennoch wehte während der Verhandlungen massiver Gegenwind aus Deutschland.
Der letztlich fertiggestellte und angenommene Parlamentsvorschlag sieht unter anderem vor,
- vorgelagerte Zulässigkeitsprüfungen zu streichen, das heißt, dass Geflüchtete weiterhin in der EU Asyl beantragen dürfen, auch wenn sie zuvor einen sogenannten ‚sicheren Drittstaat‚ passiert haben;
- ein Ende mit dem Grundprinzip von Dublin zu machen, also der EU-Staat des Ersteintritts soll nur mehr für die Verteilung, nicht aber für den Asylantrag als solchen verantwortlich sein – was letztlich die Grundlage der Misere in Italien und auf den griechischen Inseln ist;
- einen Kriterienkatalog einzuführen, nach dem die Verteilung aus dem Staat des Ersteintritts vorgenommen werden soll. Familienanbindungen, Sprachkenntnisse, Ausbildungs- oder Studienaufenthalte werden ebenso berücksichtigt, wie die Auslastung eines bereffenden Mitgliedstaates. Auf Basis dieses Kriterienkatalogs sollen dem/der Antragssteller/in vier Länder zur Auswahl gestellt werden. Damit hätte sich das vieldiskutierte und von der CSU immer wieder angeführte Problem der Sekundärmigration praktisch erledigt;
- Familienzusammenführungen und unbegleiteten Minderjährigen sollen Garantien zugesprochen werden;
- keinen Sanktions- sondern einen Belohnungsmechanismus für Mitgliedstaaten einzuführen, wenn sie sich an der Umsetzung der Verteilung beteiligen;
- Rechtsbeistand für Asylantragssteller/innen zu gewährleisten um sie während ihrer Asylprozesse nicht mehr sich selbst zu überlassen;
- Bürgschaften durch Unternehmen zu ermöglichen;
- EU-weit allgemeine Standards für die Registrierungen aller, die Asyl beantragen, einzuführen;
- die Aufstockung personeller Ressourcen für die Asylbehörden, damit die Dauer der Bearbeitungszeiten radikal verkürzt werden kann.
- Dadurch soll und würde der Druck auf die Grenzstaaten sinken;
- Dublin-Rückführungen würden durch diesen Vorschlag unnötig werden;
- eine gleichmäßige Verteilung von Verantwortung zwischen den Mitgliedstaaten würde geregelt werden.
Dieser Kompromiss zwischen den sechs Parteifamilien ist außergewöhnlich und kommt für EP-Verhältnisse fast einer Revolution gleich. Von der Europäischen Volkspartei (EVP) bis zur EP-Linksfraktion (GUE/NGL), von Mussolini (Forza Italia) bis zur Kommunistischen Partei Frankreichs (PCF). Der Text wird fraktions- und länderübergreifend getragen.
Sicherlich: Ein Kompromiss ist ein Kompromiss ist ein Kompromiss, auch dieser Vorschlag hat seine Ecken und Kanten, sowohl die Rechten als auch die Linken mussten Zugeständnisse machen. Doch ist der Zeitpunkt vorbei, an dem sich Kritik der Kritik wegen äußern lässt – in Anbetracht der Vorhaben von Merkel und Co. ist dieser EP-Vorschlag das mit Abstand progressivste, fortschrittlichste und humanste, was auf dem Tisch liegt. Wenn dieser Vorschlag keinen Einzug in die öffentliche Debatte erhält, wenn dieser Vorschlag, mit all seinen Schwächen nicht verteidigt wird, werden Salvini, Kickl, Seehofer und Konsorten demnächst die Menschenrechtskonvention anzünden und freudig wie Rumpelstilzchen drumrum tanzen.
Denn seither blockieren die Regierungen und vor allem die Innenministerien der Mitgliedstaaten die Verhandlungsaufnahme mit dem Europaparlament und der EU-Kommission über deren Vorschläge (im sogenannten Trilog). Die Berichterstatterin und die Unterhändlerinnen der anderen fünf Fraktionen plädieren deshalb für eine Mehrheits- anstelle einer einstimmigen Entscheidung, die der Rat in absehbarer Zeit ohne erhöhten öffentlichen Druck wohl ohnehin nicht finden würde.
Wie das Kaninchen vor der Schlange
Der Haken? Absolut niemand redet über diesen Vorschlag des Europaparlaments, nicht die nationalen Parteien, nicht die nationale Berichterstattung. Dabei wurde der Vorschlag bereits angenommen, bevor die FPÖ und Lega in Ämter kamen – und beide Parteien ritten im wesentlichen auf der Welle, dass die EU die humanitäre Krise nicht in den Griff bekäme.
Doch wird der Diskurs praktisch einzig durch die Hardliner*innen bestimmt. Jedes Husten aus dem Heimatministerium wird mit Faszination kolportiert. Ein neuer Vorschlag inklusive Menschenrechtsverletzungen aus der Wiener Hofburg oder der Münchner Staatskanzlei? Die Schlagzeilen sind ihnen gewiss.
Vermutlich werden 80 Prozent der Menschen von dem Unionsstreit zwischen CDU und CSU erfahren haben, vermutlich werden ebenso viele Menschen die Vorschläge seitens Seehofer kennen. Vermutlich kennt aber nicht einmal ein Prozent der Gesellschaft in Deutschland den Vorschlag des Europaparlaments. Und genau hier liegt das Problem.
Weder die Politik, noch die Berichterstattung nehmen das Parlament wahr. Nicht einmal in so einem eindeutigen und drängenden Fall wie diesem hier. Einigungen und länderübergreifende Kompromisse sind möglich, das beweist das Europaparlament mit diesem Vorschlag, doch scheint ein Großteil der Berichterstattung das entweder nicht wissen zu wollen oder zu großes Gefallen an den Zündeleien der nationalen Parteien zu finden.
In Anbetracht der derzeit vollends entgleitenden Diskussion um ein solch identitätsstiftendes Kernthema der Europäischen Union, wie es die Asylfrage nunmal ist, ist diese Nachlässigkeit in der Berichterstattung, dieses fehlende seriöse Korrektiv, außerordentlich fahrlässig. Ein Diskurs findet nicht statt, die Öffentlichkeit wird mit den Positionen Seehofers, Kickls, Franckens und Salvinis allein gelassen. Niemand ordnet ein, stellt deren obskure Aussagen dem vernünftigen Vorschlag des Europaparlaments gegenüber. Den Nationalist*innen wird kaum etwas Inhaltliches entgegengesetzt und kaum wer stellt klar, dass es bereits eine europäische Lösung gibt, die sogar mit humanen Vorschlägen und einer Zweidrittelmehrheit aufwarten kann. Merkel muss keine bilaterale europäische Lösung suchen beziehungsweise inszenieren, es gibt sie schon!
Doch wird der EP-Text praktisch totgeschwiegen. Das Nadelöhr der EU-Korrespondenzen wiedersetzt sich kaum dem Abdriften des Diskurses, dabei sitzen sie an der Quelle, haben die Informationen, die Zugänge, die Erfahrung und den Überblick. Es wird fleißig berichtet. Über Seehofer. Über Orbán. Über Salvini. Und wieder über Seehofer. Und dann kommt Merkel ins Spiel, als Retterin der vermeintlichen europäischen Lösung, denn wie es scheint, muss diese ja erfunden werden. Und wie es scheint, sind harsche Maßnahmen und Verschärfungen unausweichlich.
Doch das sind sie eben nicht. Es gibt einen Kompromiss, Einigungen sind möglich und mehrheitsfähig, auch wenn die nationalen und regionalen Regierungen auf Grund ihrer eigenen Agenda den Anschein erwecken wollen, dass dem nicht so sei.
Und die Berichterstattung? Sie geht dem EU-europäischsten aller Schachzüge auf den Leim: Jenem der nationalen Brille. Der Diskurs, den wir in Deutschland führen ist zutiefst anti-europäisch. Dass nun widerspruchsfrei tatsächlich die Rede von Auffangzentren außerhalb der Europäischen Union ist, also Lager im Namen der EU in Diktaturen wie Ägypten oder dem Sudan zu errichten, als realistische und wünschenswerte Optionen dargestellt werden, sogar ohne mit den betreffenden Staaten vorab darüber geredet zu haben, zeigt das ganze Ausmaß unserer einfallslosen, westeuropäischen Arroganz. Das wird uns noch teuer zu stehen kommen, denn wenn die ersten Lager implodieren, will es wieder niemand gewesen sein.
Es liegen Vorschläge und Kompromisse auf dem Tisch. Diskutieren wir sie endlich, anstatt ständig den Schmarrn der Hardliner*innen zu reproduzieren. So viel sollte uns das Europaparlament wert sein. Und wenn nicht, dann sparen wir uns doch einfach gleich die Europawahl und bauen mit dem Geld stattdessen Mauern an den nationalen Grenzen.